Meine Erfahrung als Pflichtverteidiger aus Saarbrücken
Das Anrecht auf einen Pflichtverteidiger ist für alle Menschen wichtig, denn jeder sollte das Recht auf einen Anwalt haben. Als Pflichtverteidiger kenne ich solche Situationen und bin froh, meine Mandantinnen und Mandanten in Ihren Anliegen unterstützen und vertreten zu können. Der BGH hat in seinem Beschluss in einem Fall jedoch anders entschieden, was genau passiert ist, werde ich, auch aus der Sicht als Pflichtverteidiger, im Folgenden mit Ihnen analysieren.
Das Recht auf einen Pflichtverteidiger und damit verbundene Mythen
Den Pflichtverteidiger kann man sich aussuchen!
Entgegen der Vorurteile kann man sich auch einen Pflichtverteidiger aussuchen.
Sie haben die Chance innerhalb einer Frist einen Verteidiger zu benennen. Wenn Sie dies nicht getan haben, stellt Ihnen das Gericht einen Pflichtverteidiger. Aber selbst dann besteht noch immer die Möglichkeit eines Pflichtverteidigerwechsels, was dann jedoch nicht mehr ganz so einfach ist. Es ist deshalb besser, sich innerhalb der Frist um einen Anwalt zu kümmern, dem man vertraut. Selbst im Falle einer Verhaftung hat man die Möglichkeit selbst einen Verteidiger innerhalb einer Frist zu nennen. Fragen Sie uns einfach.
Die Pflichtverteidigung hat nichts mit Ihrer Einkommenssituation zu tun.
Voraussetzung für die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 140 Strafprozessordnung. Die Beiordnung eines Pflichtverteidigers ist z. B. geboten bei Untersuchungshaft oder wenn Ihnen ein Verbrechen vorgeworfen wird. Wenn Sie unter laufender Bewährung stehen, kann ebenfalls die Beiordnung eines Pflichtverteidigers in Betracht kommen. Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Ihnen ein Pflichtverteidiger zusteht, rufen Sie uns einfach an.
Der konkrete BGH Beschluss
Nach dem BGH Beschluss ist es selbst bei einem Beschuldigten, der nicht deutsch spricht und dem schwerste Verbrechen vorgeworfen werden nicht zwingend erforderlich, von Amts wegen einen Pflichtverteidiger vor der Vernehmung beizuordnen. Im konkreten Falle war einem Syrer kein Pflichtverteidiger bei Vernehmungen beigeordnet worden, der später unter anderem wegen Beihilfe zum Mord und Kriegsverbrechen zu neun Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Der Mann hatte keinen Verteidiger nach entsprechender Belehrung beantragt und auch die Staatsanwaltschaft sah von Amts wegen keinen Anlass dazu, auch wenn der Mann sich auf Grund mangelnder Sprachkenntnisse nicht selbst verteidigen konnte.
Der BGH argumentiert damit, dass eine notwendige Verteidigung kein Grund zur Pflichtverteidigerbestellung sei.
Sollte man einen Pflichtverteidiger von Amts wegen nur bei geistiger Umnachtung bestellen?
Ab wann kann man sich selbst verteidigen? Diese Frage stellte der Gesetzgeber mit dem geistigen Zustand ab. Auch die mangelnden Sprachkenntnisse im konkreten Fall seien kein Grund für das Bestellen eines Pflichtverteidigers. „Fehlende Sprachkenntnisse für sich genommen rechtfertigen nicht die Notwendigkeit einer Verteidigerbestellung, weil ein der deutschen Sprache nicht mächtiger Beschuldigter gemäß § 187 Abs. 1 Satz 2 GVG für das gesamte Strafverfahren die unentgeltliche Hinzuziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers beanspruchen kann“, so die Aussage des BGH.
Fazit
Dass die Verteidigung von Beschuldigten ab der ersten Vernehmung sichergestellt werden solle ist Teil des Koalitionsvertrages und die Anwaltsverbände fordern nun auf Grund des BGH Beschlusses einen Gesetzesentwurf.
Das BGH Urteil ist einerseits nachvollziehbar, denn Menschen sind mündige Lebewesen, die Entscheidungen autonom treffen, was nur im Falle einer geistigen Umnachtung nicht der Fall wäre. Zur Überwindung der Sprachbarriere wurde auch ein Dolmetscher zur Verfügung gestellt, was natürlich keinen rechtlichen Beistand ersetzt, aber die Sprachbarriere durchbricht. Wir müssen in Zukunft abwarten, ob ein Gesetzesentwurf kommen wird, oder ob der Beschluss des BGH dominiert.