Manchmal kann man nur den Kopf schütteln

Ich verteidige in einer Strafsache einen Heranwachsenden, der mehrere Smartphones im Internet „verkauft“ hat. Besser gesagt, er hat Geld kassiert, aber keine Smartphones verschickt. Deswegen wurde er angeklagt wegen gewerbsmäßigem Betruges.

Ich habe dem Mandanten geraten, den geschädigten das Geld zurückzuzahlen. Erstens vermeidet man damit weitere Kosten, da die Geschädigten dann keine Zivilverfahren betreiben müssen. Zweitens wird das Gericht die Strafe entsprechend mildern, wenn die Geschädigten ihr Geld wieder bekommen haben.

Da der Mandant natürlich nicht die Bankverbindungen der Geschädigten hatte, habe ich jeden einzelnen angeschrieben, mitgeteilt, dass mein Mandant gerne Zahlungen leisten würde, dies aber nur in Raten ginge und gleichzeitig um Mitteilung der Bankdaten gebeten. Ich als Geschädigter hätte mich gefreut. Die Meisten haben das auch.

Die Eltern eines Geschädigten haben mir in – vermeintlichem – Juristendeutsch hochgestochen eine Ratenzahlungsvereinbarung geschickt, die der Mandant unterschreiben und zurückschicken sollte. Diese bestand aus zwei Seiten. Der Mandant, jung und unerfahren, hat aber nur die erste Seite unterschrieben und zurück geschickt. Eigentlich nicht so wild, sollte man meinen. Ich persönlich wäre als Geschädigter froh, mir weitere Unannehmlichkeiten zu ersparen (als Zeuge vor Gericht zu erscheinen, einen Anwalt mit der Rückforderung zu beauftragen, auf diesen Kosten eventuell sitzen zu bleiben…).

Nein, nicht die Eltern dieses Geschädigten. Die haben mir nämlich ein weiteres Schrieben geschickt.

 

„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

Ihr Mandant hat nur Ziff. 1 und 2. unseres Angebotes vom 08.03.2014 angenommen. Gem. § 150 BGB ist damit die Vereinbarung zur Schadenswiedergutmachung nicht zustande gekommen, denn wir bestehen auf Ziff 1 – 7 des Angebotes. Wir haben den Justizbehörden Saarbrücken hiervon eine Mitteilung gemacht. 

Wir sehen uns veranlasst, davon auszugehen, dass Ihnen Herr A entgegen unserem Verständnis Ihres Schreibens vom 05.03.204 ausschließlich ein strafrechtliches Mandat erteilt hat. Wir dürfen Sie bitten, uns bis zum 27.03.2014 eine vollständige Vollmacht mit Adresse sowie dem Gegenstand  „Zahlungsanspruch gem. § 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB – I-Phone Müller ./. Meier“ vorzulegen. Sollte die Vollmacht nicht fristgerecht eingehen, weisen wir Ihre Erklärung als die eines vollmachtslosen Vertreters zurück.“

 

Ich lasse das jetzt mal so unkommentiert stehen, das was ich denke, darf ich nicht schreiben.

6 Comments

  1. RA Schepers

    Die Eltern sind von dem Schlag:

    „Mir geht es nicht ums Geld, mir gehts ums Prinzip. Recht soll Recht bleiben.“

    Sie werden sie bestimmt in der Hauptverhandlung kennenlernen…

    1. Thomas Will

      Nein, das bleibt mir beim geständigen Mandanten erspart

  2. Bert Grönheim

    Ich habe bei solchen. selbstverständlich mündigen Mitbürgern, stets das Gefühl, ich rette ihnen den einzigen Lebensinhalt den sie haben. Haare spalten und versuchen, eine Auseinandersetzung auf jeden Fall in Gang zu halten.

  3. wstell

    Ich verstehe: Dass Opfer einer Straftat, das einen Vermögensschaden erlitten hat, soll doch gefälligst froh und dankbar sein, wenn es von dem mutmaßlichen Straftäter vage in Aussicht gestellt bekommt, irgendwie in Raten einen Ausgleich zu bekommen.
    Übrigens: Als Jurist kann ich das „Vermeintliche“ in dem Juristendeutsch des zitierten Schreibens kaum erkennen. Aber damit kommen die Kollegen immer sehr schnell, wenn ein Nicht-Jurist es wagt, Normen anzuführen.

    1. Thomas Will

      Reicht für das „vermeintlich“, dass die Ausführungen zur Vollmacht völlig neben der Sache sind, weil ich überhaupt keine Erklärungen abgegeben habe und nicht schriftlich bevollmächtigt sein muss? Aber stimmt, das verstehen ja schon die meisten Juristen nicht.

      Ich persönlich bin froh, wenn ich Forderungen – meine eigenen oder die von Mandanten – überhaupt realisieren kann. Und wenn jemand, bei dem im Wege der Zwangsvollstreckung nichts zu holen ist und auch nie etwas zu holen sein wird, freiwillig anbietet in Raten zu zahlen, nehme ich das an und mäkele nicht herum. Aber zu der Erkenntnis gelangt man vielleicht nur, wenn man ein paar Mal versucht hat Forderungen beizutreiben und gutes Geld schlechtem hinterher geworfen hat.

    2. Thomas Will

      Ach ja, 8 % Zinsen wollten sie auch noch…

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