Dem 16 jährigen Mandanten wurde Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen. Die gesetzliche Mindeststrafe hierfür ist eine Freiheitsstrafe von einem Jahr. Jedenfalls für einen Erwachsenen. Da es sich um ein Verbrechen handelt, wäre einem Erwachsenen zwingend ein Pflichtverteidiger zu bestellen. Nach § 68 Jugendgerichtsgesetz gilt dies auch für einen jugendlichen Angeklagten, auch wenn er deutlich milder bestraft werden kann.
Der Mandant kam knappe zwei Wochen vor dem bereits anberaumten Hauptverhandlungstermin zu mir. Ein Pflichtverteidiger war ihm vom Gericht nicht beigeordnet worden. Die Dame von der Jugendgerichtshilfe hatte ihm auch erklärt, dass ein Anwalt völlig unnötig wäre bei diesem Vorwurf. Da er aber schon so oft in Erscheinung getreten wäre (das Erziehungsregister ist aber leer), würde sie anregen, dass er nach Erwachsenenstrafrecht bestraft würde. Dass das überhaupt nicht geht, müsste der Dame eigentlich bekannt sein. Sollte man meinen.
Ich beantragte Akteneinsicht und meine Beiordnung zum Pflichtverteidiger, was bei Gericht für Verwunderung sorgte. Nicht die Akteneinsicht, sondern der Beiordnungsantrag. Schließlich lägen die Voraussetzungen nicht vor. Mein Hinweis auf die Anklage, es sei doch ein verbrechen angeklagt und deshalb die Beiordnung zwingend, sorgte erst für Verwirrung und dann wurde ich beigeordnet.
Wäre dem Mandanten nicht doch noch kurz vor dem Termin die Idee gekommen, dass es vielleicht clever sein könnte, zum Anwalt zu gehen, hätte er ohne Anwalt in der Hauptverhandlung gesessen und wäre verurteilt worden, obwohl das Gesetz eine notwendige Verteidigung vorsieht.
Der Mandant kam übrigens mit ein paar Arbeitsstunden davon.