Mein Mandant ist ein recht umtriebiger Geselle. Rund 100 Autoaufbrüche werden ihm vorgeworfen, alles in verschiedenen Städten. Außerdem fährt er gerne mal schwarz und ab und zu lässt wohl auch mal Kleinigkeiten in Geschäften mitgehen. Er sorgt hier also immer für Arbeit, permanent trudeln irgendwelche Anklagen ein. Und da er unterlaufender Bewährung steht – 1 Jahr und 3 Monate wurden ausgesetzt – werde ich jedes Mal als Pflichtverteidiger beigeordnet. Manchmal muss ich die Beiordnung extra beantragen, manchmal beantragt das die Staatsanwaltschaft schon in der Anklage.
Gestern allerdings flattert mir ein Beschluss eines kleinen saarländischen Amtsgerichtes auf den Tisch. Eine Richterin hat es sich offensichtlich zur Aufgabe gemacht, die Staatskasse zu schützen. Sie schreibt mir in ihrem Beschluss, der Mandant stehe ja wegen Körperverletzung und gemeinschaftlichem Betrug im besonders schweren Fall in vier Fällen unter laufender Bewährung. Und die – bei ihr – aktuelle Sache sei ja nur wegen Diebstahls. Also etwas völlig anderes also könne ja gar kein Bewährungswiderruf erfolgen. Aha. Ich habe direkt Beschwerde eingelegt und ein wenig das Gesetz und die gängigen Kommentare nebst Urteilen zitiert und darauf hingewiesen, dass alleine aus der täglichen Praxis versichert werden können, dass da sehr wohl ein Bewährungswiderruf auf den Mandanten zukommen werde. Schließlich geht es darum, ob ein Bewährungswiderruf droht und nicht ob er wirklich erfolgt. Ich bin gespannt, was passiert.
Passend dazu steht heute ein Mandant auf der Matte. Mit einem Bewährungswiderruf. 2011 hatte er, mit mir als Verteidiger, eine Bewährungsstrafe erhalten. Es ging um Urkundenfälschung und Diebstahl. Vor ein paar Monaten hat ihn morgens die Polizei abgeholt und ihn zum Amtsgericht gebracht. Einer vorherigen Ladung hatte er offensichtlich nicht Folge geleistet. Ohne Verteidiger wurde er trotz offener Bewährung zu einer kurzen Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt. Weil er schwarz gefahren war. Nach der Argumentation der anderen Amtsrichterin hatte hier aber doch kein Bewährungswiderruf erfolgen dürfen, oder?

Die Erwartung, die in eine Strafaussetzung zur Bewährung gesetzt wird, bezieht sich auf die Nichtbegehung jeglicher Strafen, so dass man grundsätzlich auch bei nicht einschlägig begangenen neuen Straftaten widerrufen kann.Bei Ihrem Mandanten scheint mir das im Ergebnis klar, da er sich wohl quer durch das StGB gearbeitet hat.
Im zweiten Fall kommt es auf die Gesamtumstände an. In ähnlichen Fällen widerrufe ich nicht immer, sondern lasse es genügen, wenn er die kurze Freiheitsstrafe verbüßt, als Denkzettel sozusagen. Kommt aber immer auf die Gesamtumstände an.
So ungefähr ist auch meine jeweilige Argumentation.
Dann viel Glück!
Ich finde, dass die Richterin, die den Job schon seit vielen Jahren macht, mir mit diesem Beschluss -mal wieder- gezeigt hat, wie grandios wenig sie fachlich kann. Leider sehe ich das gerade an den Dorf-Amtsgerichten viel zu oft, dass sich um die StPO und höchstrichterliche Rechtsprechung aus Unkenntnis und Desinteresse herzlich wenig gekümmert wird.
[…] hatte hier darüber berichtet, dass eine Richterin meinen Beiordnungsantrag hat, obwohl der Mandant zur […]