Ich weiss ja nicht, wie man sich bei Staatsanwaltschaften und Gerichten die Arbeit in einer Anwaltskanzlei vorstellt. Aber, wenn ich einem Studienfreund, der einige Jahre als Anwalt in einer größeren Kanzlei gearbeitet hat und nun Strafrichter ist, glauben darf, bestehen da erhebliche Unterschiede bezüglich Arbeitsmoral und Arbeitsgeschwindigkeit.
Trotzdem legen vor allem Gerichte immer wieder die Latte für Kanzleien recht hoch, obwohl sie selbst diesen Ansprüchen bei weitem nicht gerecht werden.
So fragte mich einmal der Vorsitzende des Schwurgerichtes, nachdem ich im Termin festgestellt hatte, dass die Duplo-Akte, die ich bekommen hatte, 300 Seiten weniger enthielt als die Erstakte, ob denn nicht kurz jemand aus meinem Büro ins Gericht kommen, die Akte abholen, im Büro kopieren und dann schnell – also innerhalb einer Stunde – wieder bringen könne.
Nein, konnte niemand. Meine Mitarbeiter haben auch noch anderes zu tun als zu springen, wenn das Gericht das verlangt. Vor allem dann nicht, wenn ein Fehler des Gerichtes vorliegt.
Gerade eben ruft die Staatsanwaltschaft an. Eine Akte könne für einen Tag zur Einsicht abgeholt werden. Aber nur für genau einen Tag. Und dieser Tag ist – natürlich – heute.
Die Praktikantin war gerade schon auf dem Rückweg vom Gerichtsfach. Jetzt muss sie wohl noch mal laufen.
Wie genau stellen die sich das vor? Wir sitzen hier rum, drehen Däumchen und warten, bis endlich jemand anruft und wir etwas zu tun haben?