Beiordnungsgrund Waffengleichheit

In einer Sache wegen gefährlicher Körperverletzung war heute morgen Hauptverhandlungstermin beim Jugendschöffengericht.
Mein Mandant war geständig, der andere nicht.
Zu Beginn der Hauptverhandlung habe ich meine Beiordnung zum Pflichtverteidiger beantragt.
Zur Begründung habe ich vorgetragen, dass ich der Meinung bin, dass beim Jugendschöffengericht grundsätzlich eine Beiordnung erfolgen sollten, dass mein Mandant vorbestraft ist und außerdem sehbehindert. Er sieht so wenig, dass der Grad der Behinderung 100 % beträgt.
Mit meiner Begründung war der Vorsitzende jedoch nicht einverstanden. Das ginge ja nur, wenn der Angeklagte „blind“ sei. Naja, das ist er ja auch quasi, war meine Antwort. Das ging noch ein wenig so hin und her, bis sich der Oberstaatsanwalt einschaltete. Er würde einer Beiordnung zustimmen, denn der Mitangeklagte hätte einen Pflichtverteidiger, so dass mein Mandant aus Gründen der Fairness auch einen bräuchte.
Mit dieser Begründung wurde ich dann auch beigeordnet.
Wieso, weshalb,warum die Beiordnung erfolgt, ist mir eigentlich egal. Aber ich bin bisher noch nie aus „Fairness“ beigeordnet worden.
Nebenkläger mit Rechtsanwalt. Ja.
Mitangeklagte, die sich wechselseitig beschuldigen. Klar.
Aber weil einer einen Pflichtverteidiger hat, braucht der Andere auch einen?
Aber dann sagen, meine Begründung wäre Käse…

6 Comments

  1. Gast

    Vgl. dazu OLG Hamm StV 1999, 11; OLG Zweibrücken StV 2005, 491 m. w. N.

    1. Rechtsanwalt Thomas Will

      Fundstelle 1 passt überhaupt nicht (steht ja auch schon so im Gesetz) und 2 auch nicht. Mein Mandant ist 26 und war geständig. Trotzdem ist die zweite Fundstelle natürlich schön.

  2. Anonymous

    haben doch unzählige Gerichte schon so entschieden, dass, wenn Mitangeklagter Pflichtverteidiger hat, auch dem anderen Angeklagten ein Verteidger beizuordnen ist

    1. Rechtsanwalt Thomas Will

      Jein. Schön wärs. In den entsprechenden Entscheidungen steht fast jedes Mal ausdrücklich drin, dass nicht automatisch der andere auch einen Pflichtverteidiger braucht, wenn ein Angeklagter einen hat.

      Hier war Meiner geständig und hat gesagt, ich hab dem aufs Maul gehauen. Ob der Andre was gemacht hat, habe ich nicht gesehen.
      Und der Andere hat gesagt, ich hab nix gemacht, war sogar überhaupt nicht dabei und kann somit auch nicht sagen, wer was gemacht hat.
      Und das beide schon bei der Polizei.

      Es lag meines Erachtens gerade kein Fall von „Waffengleichheit“ vor.

      Und gerade im Saarland ist man eher zurückhaltend mit Beiordnungen, vor allem bei Jugendsachen. In andern Bundesländern sieht das Gott se Dank anders aus.

  3. Anonymous

    ist für mich selbstverständlich, dass ich in solchen Fällen mit der Begründung der Waffengleichheit die Pflichtverteidigung beantrage

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