Die Tage war ich mit einem Mandanten zur 2/3-Anhörung.
Der Mandant sitzt seit Februar in Haft. Endstrafe ist irgendwann Anfang/Mitte nächsten Jahres.
Der Mandant ist heroinabhängig und will unbedingt in Therapie. Das sieht die JVA auch so und schreibt dies in ihrer Stellungnahme. Ohne Therapie kann und sollte er nicht entlassen werden.
So weit, so gut.
Rein praktisch scheitert dieser schöne Ansatz allerdings an der Praxis der Drogenberatung in der JVA Saarbrücken. Wenn man inhaftiert worden ist, meldet man sich für die Drogenberatung an. Dann bekommt man einen Termin zu einem Gruppengespräch. Dabei wird dann geschaut, ob man einer weiteren Beratung bedarf. Wenn ja, geht es mit Einzelgesprächen weiter. Die Warteliste ist lang.
Der Mandant sitzt seit Februar und hat sich gleich zur Drogenberatung gemeldet. Ende Juli hatte er dann seinen zweiten Gruppentermin. Fazit, er soll eine Beratung beginnen. In den Einzelgesprächen geht es dann unter anderem darum, wie es nach der Entlassung weiter gehen soll. Es wird also in der Regel ein Antrag auf Kostenübernahme gestellt und gemeinsam ein Therapieplatz gesucht.
Jetzt kommt der springende Punkt.
Auf das erste Einzelgespräch wartet man im Schnitt 6 Monate, denn es geht danach, wer zuerst kommt und nicht nach Dringlichkeit.
Somit scheitert also eine Entlassung des Mandanten zum 2/3 Zeitpunkt, da er bis dahin überhaupt noch nicht bei der Drogenberatung war, folglich keine Kostenzusage und keinen Therapieplatz hat.
Ich bezweifele auch aus Erfahrung, dass bis zum Endstrafenzeitpunkt das alles vorliegen wird.
Ich habe den Mandanten also schon mal darauf vorbereitet, dass er nächstes Jahr entlassen wird und keinen Therapieplatz hat, sondern sich draußen selbst darum kümmern muss. Und wie gut das funktioniert kann man sich denken und weiss der Mandant selbst.

So sieht es aus, wenn der Strafanspruch des Staates sich nur noch auf Macht begründet, aber keine demokratisch-rechtsstaatliche Legitimation mehr hat.
Ihr Mandant möchte also unbedingt in Therapie, aber nur solange er noch in Haft ist, oder wie?
Danach kriegt er es nicht mehr auf die Kette?
Komisch, andere Drogenabhängige schaffen es auch entsprechende Hilfsangebote anzunehmen und ohne vergitterte Fenster einen Therapieplatz zu ergattern …