Ich war heute als Nebenkläger in zweiter Instanz unterwegs. Es ging um häusliche Gewalt. Dem Angeklagte war vom Amtsgericht ein Pflichtverteidiger zur Seite gestellt worden, da er unter einschlägiger, laufender Bewährung stand. Die recht milde Strafe erschien dem Angeklagten als zu hoch und er ging in Berufung.
Bereits in erster Instanz hatte der Kollege Pflichtverteidiger unter anderem mit der Meinung geglänzt, ich hätte der Mandantin die Ermittlungsakte nicht in Kopie überlassen dürfen. Für Leser, die keine Juristen sind: Über die Akteneinsicht entscheidet die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht. Erhält der Nebenklägervertreter die Ermittlungsakte, darf er sie völlig unproblematisch dem Mandanten geben.
Heute hatte der Kollege ein Familiengutachten aus einem Umgangsrechtsstreit zwischen dem Angeklagten und meiner Mandantin dabei. Aus diesem Gutachten wollte er zunächst seinem Mandanten und später meiner Mandantin Vorhalte machen. Der Vorsitzende wies den Kollegen dezent darauf hin, dass er nicht aus irgendwelchen Dokumenten, die sonst kein weiterer Verfahrensbeteiligter kennt, Vorhalte machen oder daraus vorlesen könne. Das überforderte den Kollegen etwas und er wusste nicht, was er nun machen sollte. Nach einigen Minuten Bedenkzeit machte der Vorsitzende ein paar Vorschläge, wie man das Gutachten einführen könnte, z.B. durch Vernehmung des Sachverständigen, der das Gutachten erstellt hatte. Der Kollege brauchte wieder einige Minuten und entschied dann nach einer Unterbrechung…überhaupt nichts zu machen.
Ich musste mich die ganze Zeit beherrschen um meinen Mund zu halten und schämte mich für den Kollegen, der schon einige Jahre Anwalt ist und wissen müsste, wie das funktioniert.
Wieso „Urteilsbegleiter“, wenn der gegen eine milde Strafe auch noch Berufung einlegt?
Den Titel Urteilsbegleiter verstehe ich auch nicht. Ein echter Urteilsbegleiter lässt die erstinstanzlichen Urteile rechtskräftig werden. Hier geht es wohl eher um mangelndes Fachwissen des Anwalts. Ein Szenario, das in deutschen Gerichtssälen zur Regel werden könnte, wenn der Gesetzgeber dem Geschrei der Anwaltschaft nach einer festen, vom Gericht zwingend zu beachtenden und der Reihenfolge nach abzuarbeitenden Pflichtverteidigerliste nachgibt.
Wenn der Mandant aber zwingend auf die Berufung besteht, muss auch der Urteilsbegleiter mitmachen. Ich verstehe unter Urteilsbegleiter jemanden, der dafür sorgt, dass der beiordnende Richter ohne Gegenwehr schnell zu seinem Urteil kommt.
Gerade dann, wenn eine Pflichtverteidigerliste abgearbeitet wird, wird es keine/weniger Urteilsbegleiter geben. Denn der Urteilsbegleiter lebt davon, keinen Ärger zu machen um von „seinem“ Richter mit genügend Pflichtverteidigungen versorgt zu werden. Kann der Richter aber nicht immer den ihm genehmen Anwalt beiordnen, sondern muss sich an eine Reihenfolge halten, muss sich kein Kollege anbiedern um beigeordnet zu werden.
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