Keine Akte bis zur Hauptverhandlung

Rechtsanwalt Thomas Will Saarbrücken - Kanzlei für Strafrecht

Ich habe heute an einem auswärtigen Gericht verteidigt. An der Gesamtsituation gibt es ein paar Dinge, die die Sache nicht einfacher machen.

Der Mandant spricht kein Deutsch.

Es gibt diverse Verfahren bei diversen Staatsanwaltschaften, in einer Sache war ein Haftbefehl ergangen, der Mandant war kurzfristig inhaftiert, wurde dann aber wieder auf freien Fuß gesetzt.

Alles ist über 2 Jahre her.

Ich habe mich in den verschiedenen Verfahren bestellt, wobei 4 Verfahren bei der selben Staatsanwaltschaft laufen/liefen. Erschwert werden solche Sachen gerne dadurch, dass zunächst getrennte Verfahren geführt, dann aber bei der Staatsanwaltschaft vor oder nach Anklageerhebung oder erst bei Gericht verbunden werden. Hier kam alles zusammen. Und teilweise waren die Verfahren auch noch vorläufig eingestellt, weil der Mandant unauffindbar war.

Nach meiner Bestellung trudelten also die Akten ein bzw. die Hinweise, die Verfahren seien zu diesem oder jenem verbunden worden. Und es kam eine Anklage, mit drei Tatvorwürfen. Ich bekam auch eine verbundene Akte, die zu den Vorwürfen passte. Verschiedene weitere Aktenteile waren zusätzlich hineinkopiert, so dass die Akte eigentlich fast alles umfasste. Allerdings fehlte ein kleiner Ladendiebstahl. Aber irgendwie schien die Akte unvollständige, war aber fortlaufend durchnummeriert. Z. B. stand in einem Vermerk der Polizei, der Geschädigte sei vernommen worden und die Vernehmung sei dem Vorgang beigefügt. Es war aber keine Vernehmung drin.

Also sprach ich die Vorsitzende auf die in meinem Augen unvollständige Akte zu Beginn der Hauptverhandlung an. In Ihrer Akte gab es aber die Vernehmungen. Dann wäre wohl bei meiner Akteneinsicht etwas falsch kopiert oder vergessen worden. Meinte die Richterin. Nach vielem Hin und Hergeblättere gemeinsam mit dem Staatsanwalt fiel uns auf, dass ich die die Anklage betreffende Akte nie bekommen hatte. Die Vorsitzende hatte schlichtweg vergessen die Akteneinsicht an mich zu verfügen. Und bei der ganzen Verbinderei war mir nicht aufgefallen, dass das Aktenzeichen der Akte, die ich bekommen hatte, nicht zu dem Aktenzeichen auf der Ladung passte.

Im Endeffekt war es auch egal, wir konnten nicht verhandeln, da eine Zeugin fehlte.

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